Am nächsten Morgen gab es ein üppiges Frühstück mit allem was das Herz begehrte, sogar ein Ei gab es. Zunächst saßen wir zusammen mit Josef am Frühstückstisch und rund eine halbe Stunde später kam Anne von ihrer morgendlichen Walking-Runde mit ihren Freundinnen zurück und setzte sich mit dazu. Josef und Anna sind zusammen einfach wundervoll und erfrischend. Die beiden erinnerten mich ein wenig an Walldorf und Städtler von den Muppets, aber auf eine liebevolle Art und Weise.
Wir ließen uns etwas Zeit mit dem Frühstück, denn anders wie zuvor angenommen, hatten wir heute nicht so viele Kilometer vor uns. Knapp 16 Kilometer von Äpfingen bis Biberach. Damit wären wir schnell durch, auch wenn wir uns Zeit ließen und noch etwas umherbummelten. Als wir uns einen kleinen Vorrat angefressen hatten, packten wir allmählich unsere Taschen und verabschiedeten uns von den Beiden. Anne und Josef werden mir lange in Erinnerung bleiben. Eine tolle Begegnung bei der man das Gefühl hatte, dass man sich schon ewig kennt, vertraut, lustig und vor allem ganz herzlich.
Wie erwartet erreichten wir Biberach sehr früh, gegen halb eins. Da wir auf dem Weg von einem netten Herrn den Tipp bekommen hatten, eine Abkürzung zu nehmen, da der Waldweg zu matschig und zu nass sei, sind wir noch schneller in der kleinen Bieberstadt angekommen. Die kleine Abkürzung kam uns ehrlicherweise gelegen, da wir nach gestern doch etwas Mühe mit dem Laufen hatten. In Biberach angekommen setzten wir uns zunächst für eine Dreiviertelstunde auf eine Parkbank und beobachteten das Stadtgeschehen bei bestem Wetter. Einfach schön was man so zu Gesicht bekommt, wenn man sich die Zeit nimmt. Danach zog es uns in die Kirche und in die umliegende Umgebung. Wir wollten natürlich etwas von der kleinen Stadt sehen, die sogar eine Uni hat. Josef hatte uns am Tag zuvor ein paar Tipps gegeben, welche Punkte wir in Biberach unbedingt erkunden sollten. Diesen gingen wir nun nach. Ein offener Punkt auf der Todo-Liste war der Stadtpark, der etwas höher gelegen war. So krackselten wir mit etwas Mühe hoch,aber hatten dafür die beste Sicht. Der perfekte Ort, um noch ein paar letzte Erinnerungsbilder zu schießen, wobei uns ein nettes älteres Pärchen behilflich war.
So, nun hatten wir alles gesehen und gingen zurück in die Innenstadt. Wir setzten uns an den kleinen Bach am Markt und genossen die letzten gemeinsamen Stunden. Julia organisierte uns ein fabelhaftes Eis und einen leckere itanlienischen Kaffe an der Eisdiele, direkt gegenüber. Ich dankte ihr von ganzem Herzen, dass sie mich dazu einlud. Nochmals vielen Dank. Das Eis war einfach nur der Hammer und verdammt lecker. Der Slogan “We ❤ Gelato”, der auf unseren Bechern stand, nahm ich den Inhabern vollkommen ab.
Als Julia und ich uns so unterhielten, wurden wir plötzlich von einem Mann unterbrochen. Der Mann fragte, ob wir auf dem Jakobsweg seien. Wir bejahten seine Frage und kam näher ins Gespräch. Wir erzählten ihm unsere Geschichte, die wir perfekt drauf hatten, da wir diese bereits öfters erzählt hatten ? Irgendwann fragte der ältere gut gekleidete Herr, wie ich die Reise denn finanzieren würde. Ich antwortete ihm, dass ich auf mein Erspartes zurück greife. Aber das hatte er wohl nicht ganz verstanden, da er mich nochmals fragte. Ich gab ihm die selbe Antwort ergänzte jedoch noch, dass ich durch Spenden die Möglichkeit erhalte zu reisen bzw mir mein Essen zu organisieren. Plötzlich zückte der Mann seine Geldbörse aus der Hosentasche und drückte Julia und mir jeweils fünf Euro in die Hand. Damit hätte ich nun gar nicht gerechnet. Total verblüfft dankte ich ihm von ganzem Herzen für die liebe Spende. Wir machten ein Foto zusammen und verabschiedeten uns allmählich. Als der nette Herr ging, konnte ich es immer noch nicht fassen. Daran erfreute ich mich noch den Rest des Tages.
Dann wurde es Zeit. Wir gingen zum Bahnhof und konnten es kaum glauben, dass die Zeit so schnell vorbei ging. Echt schade. Als der Zug einfuhr umarmten wir uns ein letztes Mal, waren dankbar für die gemeinsame und wundervolle Zeit aber waren auch traurig, dass es schon vorbei war. Doch vielleicht ergibt sich ja nochmal eine Möglichkeit für ein paar weitere Etappen. Ich bin gespannt was die Zukunft so bereit hält. ?
Nachdem der Zug abfuhr und ich noch hinterher winkte, begab ich mich zu meiner heutigen Unterkunft. Wieder Couchsurfing. Whooo, ich freute mich schon sehr, denn das lenkte gut davon ab wieder alleine zu sein. ? Die Unterkunft lag etwas außerhalb. Rund eine halbe Stunde musste ich noch laufen, aber mit der passenden Musik lief es wie geschmiert.
Etwas außerhalb von Biberach lief ich auf ein Haus zu in dem Max, ein junger Student, mit weiteren sechs Kommilitonen lebt, wobei er aktuell dort alleine hauste, da Semesterferien sind. Max begrüßte mich sehr freundlich und wir verstanden uns auf Anhieb. Nachdem wir uns kurz kennengelernt hatten, gingen wir gemeinsam in den riesigen Nutzgarten, den er eigenständig für die WG angelegt hatte, und ernteten uns ein paar Tomataten, Zucchini, Kartoffeln, Rote Beete, und was der Garten sonst so noch hergab. Gemeinsam schnibbelten wir alles zurecht und kreierten daraus einen schmackhaften Gemüseauflauf. Dazu noch ein Gläschen Wein und der Abend war gelungen. Wir unterhielten uns und verbrachten einen tolle Zeit bis halb elf. Spät genug um nun zügig ins Bett zu gehen. Morgen früh sollte es nämlich um Viertel vor sieben weiter gehen. Wir wünschten einander eine gute Nacht und gingen auf unsere Zimmer.
Bei mir entsteht immer mehr der Eindruck, dass es “eine eingeschworene Pilgergesellschaft” ist, die sich wie ein Netzwerk gestaltet. Einige Pilger sind auf dem Weg und andere Menschen (evtl. ehemalige Pilger) versuchen ihrerseits den Wandernden das Leben zu erleichtern. Das muss eine prägende Erfahrung sein.
Möglicherweise erkennt man sich auch ohne Symbol, aber so eine Muschel verbindet!
Weiterhin viele positive Begegnungen auf Deinem Weg.