Die Nacht in der Pilgerherberge war super. Zuerst hatte ich meine Bedenken, da es in einem großen Schlafsaal etwas unruhig werden kann. Vorsichtshalber hatte mir meine Kopfhörer in die Ohren gesteckt, doch das war nicht notwendig. Keiner hat Geschnarcht oder im Schlaf geredet. Es war eine wundervoll entspannte Nacht.
Gegen sechs Uhr wurden wir dann alle langsam wach. Mit halb verschlafenen und zerknautschten Gesichtern setzten wir uns in den Gemeinschaftsraum, an den Runden Tisch, wo wir auf die aufgeweckte und frische Hannelore trafen. Hannelore bot jedem von uns ihren Spezialtee an. Das war Schwarzertee mit Ingwer und Zitrone. Hannelore ist eine tolle Mutter und kümmerte sich rührend um uns und schaute, dass es jedem von uns gut ging. Der Tee zeigte Wirkung und so fingen wir an uns alle allmählich zu waschen, unsere Taschen zu packen und aufzuräumen. Alles klappte wie am Schnürchen, keiner musste auf den anderen warten. Es lief wie ein Uhrwerk.
Mildred war die Erste, die die Herberge verließ und weiterzog. Das heutige Ziel von Mildrid war ebenfalls Einsiedeln. Sie hatte auch vor im Kloster zu übernachten, so wie ich. Ich freute mich riesig, denn dann würden wir uns später bestimmt zum Abendessen oder so Wiedersehen. Renés heutiges Etappenziel war auch Einsiedeln. Jippi, schon zwei von fünf. René hatte zuvor noch ein Zoom-Meeting bis 10 Uhr. Danach würde er sich direkt auf den Weg begeben, sodass er die Gregorianischen Gesänge im Kloster um 16.30 Uhr nicht verpasst. Für Ulrich waren die Tage auf dem Jakobsweg nun vorbei und er fuhr wieder nach Hause. Linus und Jara durften glücklicherweise noch einen Tag länger in der Herberge bleiben, um sich von den Strapazen der vergangenen Tage zu erholen. Nach Mildrid machte ich mich gegen halb neun als zweites auf den Weg. Heute sollte es hoch hinaus gehen, denn der Etzelpass lag direkt vor uns.
Zunächst war es noch ein recht gemütlicher Spaziergang, über die Holzbrücke von Rapperswil-Hurden und weiter durch das Städtchen Pfäffikon. Das Wetter spielte auch wieder super mit. Auf dem Weg nach hoben ging es durch den Wald über zahlreiche Baumwurzeln. Da musste man schon genau schauen wo man hin tritt, um nicht einen Satz nach vorne zu machen, was mir mind. zweimal passierte ? Mitten auf der Straße musste ich dann kurz stehen bleiben. Die Sonne brach so wundervoll durch die Bäume und schaffte ein so wundervolles Licht, dass ich mir dies eine Weile anschauen musste. Neben dessen konnte ich wieder zu Atem kommen und mein Herzchen konnte auch wieder zur Ruhe kommen. Hin und wieder konnte es schon verdammt steil und anstrengend werden.
Ich hatte es geschafft und war oben angekommen. Es bot sich wieder eine unbeschreiblich schöne Aussicht von der ich wieder vollkommen fasziniert war. Es ist so schön hier in der Schweiz, dass ich mir glatt vorstellen könnte hierher zu ziehen.
Nun wurde es leichter und es ging ein Stück hinab. Allerdings nicht viel, denn Einsiedeln liegt immer noch auf 800 Höhenmetern. Neben des Ski-Sprungschanze schaute ich direkt auf den Shilsee. Einfach nur wow. Dieser See ist wohl der höchstgelegene See in der Schweiz. Das Wetter lud dazu ein, eine kleine Erfrischung im See zu nehmen. Doch ich hatte keine Lust mit Sack und Pack dort hin zu laufen. Daher entschied ich mich an Tempo zuzulegen und die Klamotten in dem Kloster zu deponieren und wieder zurück zulaufen. Gesagt getan. Ich war die Erste im Kloster. Komisch, ich hatte gedacht, dass Mildrid die Erste sei, denn auf dem Weg hatte ich sie nicht getroffen. Schnell schnappte ich mir die nötigsten Sachen und machte mich wieder auf den Weg. Die Sonne brannte mittlerweile auf der Haut und ein kleiner Sonnenbrand entwickelte sich ?
Nach 15 Minuten kam ich am See an. Ich freute mich wie ein kleines Kind nun endlich rein zu hüpfen. Uhhh, der See war etwas kalt, aber genau richtig für eine Abkühlung. Als ich gerade ein paar Bilder schoss, hörte ich wie jemand hinter mir von weitem mein Namen rief. Ich drehte mich verdutzt um und sah Mildrid und René. Ich freute mich riesig. Was für ein Zufall, dass wir uns genau hier am See trafen. René und Mildrid hatten sich auf dem Weg getroffen und waren das letzte Stück zusammen gepilgert. Sie wollten sich nach der anstrengenden Tour ebenfalls abkühlen und kamen mit Sack und Pack an den See. Da war ein Teil der Familie wieder vereint, wundervoll ?
Wir hatten riesen Spaß und schossen ein paar witzige Bilder am See. Danach ging es zurück zum Kloster. Beide mussten noch einchecken und danach wurde es dann auch schon langsam Zeit in die Kirche zu gehen, für die Gregorianischen Gesänge.
Als Mildrid und René sich anmeldeten entschied ich mich kurzerhand um. Statt der Gesänge wollte ich mir doch lieber die Stadt ansehen. Ich hatte den Tipp bekommen, dass es hier ein Lebkuchenmuseum gibt. Ich machte mich auf die Suche und wurde direkt fündig. Ich stand vor einer schnuckeligen mit Liebe dekorierten Lebkuchenbäckerei. Von draußen konnte man das kostenlose Museum über den zweiten Eingang erreichen. Ich schaute mir alles in Ruhe an und war total interessiert. Über all laß ich was von Schafsböcken. Im weiteren Verlauf der Tour stellte sich dann heraus, dass es dass Pilgergebäck schlechthin ist. Schafsböcke sind scheibenartige, runde Honigkuchen. Seine goldbraun gebackene Oberfläche ziert als Motiv ein sitzendes Lamm in Anlehnung an das „Agnus Dei“, das Lamm Gottes. Im Innern jedoch ist der Schafbock luftig und weiss. Ich konnte nicht wiederstehen und musste eine kleine Tüte mitnehmen. Laut der Verkäuferin halten die sich ewig. Voller Freude verließ ich den Laden mit meiner neuen Pilgernahrung. Plötzlich hörte ich die Glocken der barocken Klosterkirche. Als ich auf die Uhr sah war es zehn vor halb fünf. Die Stadt hatte m. E. nicht mehr viel zu bieten, sodass ich noch schnell zur Kirche lief, um mir doch noch die Gesänge anzuhören. Mal gut, dass ich mich doch wieder Umentschieden hatte. Die Gesänge waren soo faszinierend und schön, dass muss man erlebt haben wie die Brüder auf Latein singen. Unglaublich.
Danach war es auch schon Zeit für das Abendessen. Wir waren alleine in dem Saal, und waren begeistert was auf uns wartete. Es gab eine Vorspeise, in Form einer Suppe, und ein Hauptgericht, welches sehr üppig war. Wir freuten uns riesigen und langten richtig zu. Ich aß sogar noch die mexikanische Beilage von Mildrid auf. Wir kamen tiefer ins Gespräch und lernten uns noch besser kennen. Nachdem wir knapp zwei Stunden im Speisesaal verbracht hatten, entschied ich mich für einen kleinen Verdauungsspaziergang und erkundete das Kloster. Danach war ich von dem ereignisreichen Tag so müde, dass ich mich direkt in mein kuschelig weiches Bett mümmelte und einschlief.
Nachfolgend ist der Link zu den leckeren Schsfsböcken zu finden ?
https://www.goldapfel.ch/spezialitaeten-shop/schafboecke-1/index.php