Das Kloster war super. Endlich mal ein Frühstück mit genügend zu essen ? Nach der tüchtigen Stärkung ging es direkt auf die Straße bzw. auf den Wanderweg. Im Gegensatz zu gestern schien heute wieder die Sonne. Und so sollte es den ganzen Tag bleiben. Zwar war es recht kühl aber mit genügend Bewegung würde ich schon bald nichts mehr davon merken. Vor allem ging es heute rund 900 Meter steil hinauf. Da konnte einem ja nur warm ums Herz werden.
Doch bevor es richtig los ging, wollte ich noch schnell die heutige Unterkunft dingfest machen. Auf meinen gestrigen Hilferuf in den Pilger-Facebook-Gruppen, hab ich einige wertvolle Rückmeldungen erhalten und auch neue Pilgerbekanntschaften geknüpft. An dieser Stelle einen lieben Dank an die tolle Community. ? Schlussendlich hab ich noch schnell eine recht günstige Unterkunft über AirBnB gefunden und auch bestätigt bekommen, inkl. kleinem Frühstück. Super, geht doch ?
Während ich mich an meinen ersten Tagen hier in Frankreich über die sehr holprigen Wege aufgeregt hatte, war dies nun verfolgen. Ich hatte mittlerweile gefallen daran gefunden. Ich sah die steinigen und sehr unebenen Wege nun als kleines Abenteuer. Das machte jetzt richtig Spaß. Ich hatte die steinigen Wege Sinnbildlich für die vielen Hürden und Herausforderung hinsichtlich der Unterkunftsuche, der sprachlichen Barrieren etc. gesehen. Doch wenn sich meine Sicht auf den physischen Weg nun geändert hatte, na dann war doch noch Hoffnung bzgl. der anderen Hürden in Sicht. Vielleicht sollte ich dies auch eher als kleines Abenteuer sehen und nicht so verkrampft angehen ?.
Als ich den höchsten Punkten auf dem Berg erreicht hatte, war das einfach ein Hammer geiles Gefühl. Die Aussicht war unglaublich und ich konnte einfach nicht genug davon bekommen. Ich musste Träumen. Zum Glück hatte sich das Wetter wieder gebessert, denn sonst hätte ich diese einmalige und wundervolle Kulisse nie gesehen. Neben einem kleinen Snack zur Stärkung, war es nun mal wieder an der Zeit für ein paar Spaßbilder. Da man auf dem Weg über vieles nachdenkt, dachte ich, wäre eine solche Pose mal ganz witzig. ? Der Stein mitten auf der Plattform half mir dabei mich in Szene zu setzten ?
Nach den kräftezehrenden Strapazen bergauf, ging es kurz danach auch schon wieder hinunter. ? Es ist halt wie im Leben, ist man gerade eben oben angekommen, geht es auch schon wieder hinunter ins Tal. Ein stetiges auf und ab. Aber ohne wäre es ja auch zu langweilig. ?
Als ich unten im Tal ankam, wollte ich in der Kirche direkt einmal nachsehen, ob ich dort einen Stempel finden konnte, um diesem in meinem kleinen Pilgerbuch zu verewigen. Ich schaute nach, jedoch konnte nirgendwo einen Stempel finden, auch nicht unter den Bänken. Dann plötzlich, als ich mich inmitten der Kirche befand, hörte ich Gesänge. Ähh, wer sang denn hier, fragte ich mich. Ich konnte niemanden sehen. Der Gesang musste über die Boxen kommen. Einen Bewegungsmelder konnte ich ebenfalls nirgendwo sehen und eine besondere Uhrzeit hatten wir auch nicht. War das ein kleiner Gruß vom Universum? Wenn ja, war es ein recht charmanter Gruß. ? Nach rund fünf Minuten war die Dudelei auch schon wieder vorbei und ich fühlte mich, als wäre ich gerade das Opfer von der versteckten Kamera geworden. Auch an der Eingangstür fand ich keine Info oder Hinweis auf die Gesänge. Komisch, aber spannend und interessant war es auf jeden Fall. ?
Weiter auf dem Jakobsweg fand ich dann auch hier in Frankreich das erste Mal einen extra Pilger-Stop. In einer kleinen Scheune direkt gebenüber einem Wohnhaus, war ein Platz mit einer Sitzgelegenheit und einer Theke, auf der man diverse Getränke gegen einen kleinen Preis kaufen konnte, eingerichtet. Auf der Theke fand ich auch einen Pilgerstempel, den ich direkt in meinem Büchlein verewigen musste. Solche netten Arrangements finde ich immer besonders toll und schätze diese unheimlich.
Gegen fünf Uhr, nach rund 26 Kilometern, kam ich in meiner AirBnB Unterkunft an. Cathy hatte ein riesiges Anwesen. Ein riesiges Haus mit einem riesigen Garten dazu. Und das mitten im Nirgendwo. Wow, ich beneidete Cathy. Als ich die Terasse erreichte, kam Cathy auch schon direkt hinaus und begrüßte mich sehr sehr herzlich. Sie zeigte mir ihren riesigen Yoga-Raum, den ich gerne benutzen konnte. Auch um laut Musik zuhören und abzuzappeln. Das war unheimlich nett, doch dazu war mir heute nicht mehr zu Mute. ? Im ersten Stock hatte ich dann die Wahl zwischen drei Zimmern. Ich durfte wählen. Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet. Das war ja eine riesige Wohnung. Zwar befand sich noch einiges in der Renovierung, aber es war schon ganz nett hier. Als ich mich für ein Zimmer entschieden hatte, ließ Cathy mich alleine, sodass ich mich einrichten konnte. Falls ich noch Zeit und Lust habe, kann ich gerne bei ihr mal vorbei kommen, sagte sie mir noch fix.
Da in dem Badezimmer keine Duschvorrichtung installiert war und ich nicht das halbe Badezimmer unter Wasser setzen wollte, entschied ich mich dafür ein schönes heißes Bad zu nehmen. Das hatte ich schon ewig nicht mehr gemacht, und ich war auch eigentlich kein Fan davon. Doch es war herrlich. Die Wärme tat richtig gut und ich konnte super entspannen. Wenn ich die Möglichkeit habe, würde ich nun das Baden stets bevorzugen. ?
Völlig entspannt aß ich eine Kleinigkeit in der riesigen Küche. Danach klopfte ich an der Tür von Cathy. Ich hatte gedacht, ein kleines Pläuschchen wäre zum Abschluss des Tages doch bestimmt nett. Ich hörte jedoch nichts. Na dann waren sie bestimmt schon am schlafen. Das war allerdings nicht weiter schlimm, denn ich war eh selber richtig müde und verkrümelte mich somit direkt in mein gemütliches Bett.
Willkommen bei der verstecken Kamera?