Ein schrilles Geräusch dröhnte in meinem Ohr. Es war der Wecker, der mich pünktlich um 7.30 Uhr zum Frühstück weckte. Die ersten Schritte vom Bett bis ins Badezimmer waren beschwerlich, aber langsam wurde es besser. Ich hatte mich von den gestrigen Strapazen wieder erholt. Heute lagen glücklicherweise nur 15 Kilometer vor mir, da konnte ich es heute etwas gemütlicher angehen.
Kurz vor acht stapfte ich von meinem Zimmer in das Erdgeschoss, dort wo Herr Karbach wohnte. Die Tür stand ein Spalt weit offen und fröhliche Schlagermusik war zu hören. Ich klopfte vorsichtig an die Haustür und direkt hörte ich die Stimme von Herrn Karbach, dass ich doch gerne eintreten kann und in das zweite Zimmer auf der linken Seite gehen sollte. Ich trat in sein Wohnzimmer, welches rustikal, aber gemütlich eingerichtet war. Dort war bereits der Frühstückstisch mit viel Liebe gedeckt. Brötchen, Brot, Marmelade, Aufschnitt, Honig, ein Ei ?, eine ganze Kanne Kaffe, etc. Alles was das Herz begehrte stand direkt vor mir. Von meinem Platz aus hatte ich zudem einen wundervollen Blick auf die Stadt und die Liebfrauenkirche. Ich war von der Aussicht gefesselt und starrte zunächst nur raus. Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Herr Karbach stand hinter mir und begrüßte mich. Zunächst war er wieder etwas reservierter, so hatte ich den Eindruck. Doch, je mehr wir uns unterhielten, desto mehr blühte er auf. Er erzählte mir sogar ein paar Geschichten von seinem Camino, welchen er mit dem Fahrrad vor Jahren gefahren ist und gab mir noch ein paar Tipps mit auf den Weg. Am Ende war es richtig nett und gesellig.
Mit vollem Bauch ging es dann zurück auf mein Zimmer. Ich packte meine Tasche, verarztete die Blasen und machte noch schnell einen Abstecher in die Stadt. Gestern hatte ich es nicht mehr geschafft, mir den Stempel bei der Touristeninformation abzuholen. Das musste noch unbedingt nachgeholt werden. Auf dem Weg dorthin schlenderte ich durch die kleinen Gassen und bewunderte die schnuckeligen Fachwerkhäuser. Es war einfach traumhaft schön. Eins stand fest, der nächste Urlaub findet am Rhein statt.
Gegen 10 Uhr startete die Etappe in Richtung Bacharach. Das Wetter hatte sich stabilisiert und von der Wolkendecke von heute morgen war nichts mehr zu sehen. Die Sonne war wieder mein Wegbegleiter. Zunächst ging es wieder Berg auf und kurz nach dem Anstieg erreichte ich die Schönburg, wo ich auf ein holländisches Wanderehepaar traf. Auch sie waren bereits den Camino nach Santiago gelaufe und wollten nun gerne auch in Deutschland ein paar Jakobswege laufen. Sie fragten daher, ob ich Ihnen ein paar Tipps bezüglich der Unterkünfte geben könnte und tat dies natürlich sehr gerne. Ich freute mich, auch mal jemandem weiterhelfen zu können?
Ein Großteil des Weges verlief hoch oben auf dem Hang. Von dort oben aus bot sich zur linken Seite immer wieder ein wunderschöner Panoramablick auf den Rhein. Blickte man rechts, erstreckten sich kilometerweite Felder und Landschaften, deren Schönheit man kaum begreifen konnte. Ich musste träumen.
Nach ein paar Stunden ging es dann abwärts nach Bacharach und mich quälte ein unerbitterlicher Durst. Meine Kehle war bereits staubtrocken und Wasser hatte ich leider auch keines mehr. Nur noch ein paar Kilometer, dann sollte ich in den Jugendherbergen, hoch oben auf einer Burg ankommen. Langsam schlug meine Laune um und ich wollte nur noch ankommen und was trinken. So regte ich mich innerlich über die Touristen auf, die einen immer wieder aufhielten und Wege blockierten. Für nette Gespräche war ich jetzt nicht aufgelegt. ?
Die letzte Stufe und es war geschafft, doch die Rezeption war geschlossen. Na super. So entschloss ich kurzerhand zuerst die Toilette zu besuchen, um meine Wasserflasche aufzufüllen. Nach ein paar Sekunden war die Flasche leer und ich füllte nochmal nach. So einen Durst hatte ich schon lange nicht mehr gehabt. Erfrischt ging es erneut zur Rezeption, die nun besetzt war. Ich checkte ein und bezog mein Zimmer. In dem Hochbett bezog ich das untere Bett und sollte aller Voraussicht nach alleine auf dem 2-Bett-Zimmer bleiben. Das Zimmer hatte ein kleines Burgfenster mit einem einmaligen Blick auf den Rhein. Ich konnte davon kaum genug kriegen und blieb fast den ganzen Abend im Fenster sitzen und sah den Schiffen zu und ließ meine Gedanken treiben. Dazu noch ein wenig Musik und der Abend war perfekt.
Musik zum Träumen ☺