Mein zweiter Pilgertag begann morgens um 6.30 Uhr. Ich steckte voller Tatendrang, obwohl ich meine Beine und Füße vom Vortag noch spürte. Aber wenn man einmal den Anfang gemacht hat, dann läuft es ganz bestimmt, dachte ich. Schnell noch ein Stück Schokolade zum Frühstück (mehr hatte ich leider nicht mehr vorrätig) und los ging’s.
Das Wetter war sehr bescheiden und dem Wetterbericht vom Vortag zur Folge würde es hin und wieder regnen. Schade, aber irgendwie freute ich mich auch meinen Regenponcho auszuprobieren. Fix hatte ich ihn drübergeworfen – vorsichtshalber. Irgendwie schon gemütlich das Ding. Fast so wie bei einem Regentag gemütlich auf der Couch zu Hause, halt nur anders ?
Kurz nach dem ich Schevenhütte verlassen hatte, lag ein langer Fußmarsch durch den Wald vor mir. Nach den ersten Metern musste ich daran zurück denken, wie Oma Hilde mir in meiner Kindheit Grimms Märchen zum einschlafen vorgelesen hatte. Die Wälder, die in den Geschichten beschrieben waren, wurden nun Wirklichkeit. Ein traumhafter Märchenwald mit vielen unterschiedlichen Facetten bot sich mir. Der herliche Märchenwald hatte jedoch auch einen Haken den ich nur zu gut spüren sollte. Rund 45 min. ging es steil bergauf. Während ich den Hügel hinauf stieg, sagte ich leise vor mich her “Leck mich Fett”. Das hätte Oma Rita, die uns viel zu früh verlassen hat, sicherlich gesagt. Oma, ich hoffe dir geht es dort oben gut. ?
Die letzten Kilometer in die Dürener Innenstadt zur St. Anna Kirche waren eine Zerreißprobe. Ich schleppte mich wie eine ältere Dame am Rollator in die Kirche, holte mir meinen ersehnten Stempel und setzte mich in die vorletzte Bank. Ich öffnete meine Schuhe und beobachtete rund eine Stunde lang die Menschen, die für ein Gebet in die Kirche kamen. Ich fragte mich, was sie hierher führte und für wen bzw. was sie beteten.
Ich wollte weiterziehen und mir Düren noch ein wenig anachauen, doch das ging nicht. Meine unteren Gliedmaßen hatten genug für heute. Und so schleppte ich mich in das Cafe St. Anna. Eine schnuckelige, kleine, in die Jahre gekommende Kaffestube. Da fühlte ich mich direkt wie bei Oma zu Hause. Auch die Gäste waren vom älteren Schlag und so hörte ich interessiert dem neusten Klatsch und Tratsch zweier Pärchen, die sich zum Mittagessen verabredet hatten, zu.
Das Highlight des Tages war jedoch, dass ich das erste Mal couchsurfte. Ich war unheimlich aufgeregt und hatte mir in verschiedenen Varianten vorgestellt, wie meine Gastfamilie wohl sein wird. Ich stand vor der Tür des Reihenhauses und drückte auf die Klingel. Prompt hörte ich ein Hundebellen. Kurz darauf ging die Türe auf und Jola stand mir gegenüber. Jola empfing mich mit offenen Armen und ich fühlte mich direkt willkommen. Ich freute mich riesig, dass ich bei einer so herzlichen Familie unterkommen durfte. Jola kochte an dem Abend eine leckere Quiche, und wir aßen zusammen zu Abend. Wir führten tolle Gespräche und lernten uns näher kennen. Leider ging der Abend viel zu schnell vorbei, aber vielleicht können wir dies an einem weiteren Abend in Aachen wiederholen ?
Couchsurfing ist eine tolle Möglichkeit ganz besondere Menschen kennenzulernen. Und somit freue ich mich auf weiter Couchsurfing-Begegnungen. 🙂