Tag 18: Ein toller Mann zeigt Zivilcourage

Das Gästezimmer, in dem ich schlief, hatte eine komplette Glasfront zur Straße hin. Von dort oben hatte ich einen tollen Ausblick über die gegenüberliegenden Dächer in die weite Ferne. Von meinen bequemen Luftkissenbett konnte ich direkt in den Himmel schauen und wurde von den ersten Sonnenstrahlen geweckt. Genau diese Momente liebe ich ganz besonders. Noch ein paar Minuten kostete ich den Moment aus und stand gemächlich auf.

In der Küche wurde bereits gearbeitet, das hörte ich. Sebastian war schon wach, bereitete das Frühstück vor und sah top fit aus. Wie machte er das, fragte ich mich, da es gestern doch schon etwas spät war. Fix wünschte ich Sebastian einen guten Morgen und verschwand kurz ins Badezimmer, um mein verknauschtes Gesicht etwas zu glätten.

Zurück in der Küche, traf ich auf Sebastian, der gerade vom Balkon kam und den Tisch mit Allerlei vorbereitete. Ich fragte ihn, ob er die Auseinandersetzung auf der Straße noch gestern Abend mitbekommen hatte. Als ich gestern Abend ins Bett ging, hatte ich mein Fenster zur Straße hin offen. Hin und wieder hörte ich hitzige Gespräche, die unten auf der Straße stattfanden. Leider konnte ich nicht genau verstehen, was dort diskutiert wurde, aber ich hatte den Eindruck, dass es sich um ein Pärchen handelte, welches ihre Streitigkeiten offen auf der Straße austrugen. Währenddessen schlief ich langsam ein. Doch plötzlich hörte ich wie eine Frau schrie “lass ihn los, hör auf, hör auf”. Ich stand sofort senkrecht im Bett und hechtete zum Fenster. Mitten auf der Straße lag der Typ, der bereits seid knapp einer Dreiviertelstunde die gesamte Straße unterhielt. Auf ihm ein junger Mann der ihn fixierte. Ich hörte, wie jemand von unten sagte, dass die Polizei bereits informiert sei. Ich war erleichtert, denn ich hatte schon Ausschau nach meinem Handy gehalten. Noch ein paar Minuten verfolgte ich das Geschehen und legte mich wieder schlafen, als sich die Situation weiter beruhigt hatte.
Sebastian erzählte mir, dass er der junge Mann gewesen sei, der denn Proleten fixiert hatte, bevor es zu einer wirklichen Schlägerei gekommen wäre. Ich war verblüfft über diese Zivilcourage und fragte nach, was genau passiert sei. Es sei wohl so gewesen, dass eine Gruppe von rund sieben jungen Leuten friedlich untereinander Pokémon Go gespielt hatten. Irgendwann kam ein Typ vorbei, der sie nach 10€ gefragt hatte. Die Gruppe wiesen in freundlich ab und wollten weiter für sich spielen. Doch das regte den Typen so sehr auf, dass er sie aufs übelste beschimpfte und beleidigte. Die Gruppe versuchte immer wieder ihn freundlich zum weitergehen zu motivieren, doch es fruchtete nicht. Immer wieder kam der Prolet zurück und versuchte die Gruppe zu einer Prügelei anzustiften. Sebastian hatte dies von der Wohnung aus bereits eine Weile beobachtet. Als es sich zunehmend zuspitzte, ergriff er die Initiative, lief runter und ging dazwischen und versuchte den Typen zu beruhigen. Doch das Beste kommt noch, als Sebastian den Typen fixierte, hatte der sich dabei das Knie leicht verletzt und brachte dies zur Anzeige. Da bekam ich plötzlich einen Puls von 180. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. ? Fast eine Stunde hatte der Typ die Gruppe belästigt, beleidigt und es darauf angelegt, sich zu schlagen. Nun hatte er noch nicht mal genügend Mut und Courage seinen Fehler einzugestehen und zeigte einen Mann an, der äußerste Zivilcourage bewiesen hattet, um die Situation zu deeskalieren. Innerlich regte ich mich tierisch auf. Wie doch solche Typen hasse. Ich hoffe wirklich inständig, dass die Anzeige gegen Sebastian fallen gelassen und er nicht dafür bestraft wird, dass er seinen Mitmenschen lediglich helfen wollte.

Beim Frühstück auf dem Balkon erzählten wir noch weiter über diese unfassbare Geschichte. Nachdem sich mein Puls wieder normalisiert hatte, freute ich mich tierisch über das frisch gekochte Ei, dass Sebsatian extra zubereitet hatte. Von meinem Blog hatte er erfahren, dass ich mich so sehr über ein frisches Ei gefreut hatte, dass er auch direkt eins gemacht hatte. Ich war überrascht und freute mich unglaublich. ?
Dann wurde auch Toni langsam wach. Er kam zu uns auf den Balkon und schaute uns mit seinen noch müden Augen an. Wirklich knuffig der Kleine. Gestern hatte ich ihn schon direkt ins Herz geschlossen. Für mich hieß es aber nun langsam wieder loszuziehen, denn es sollte wieder sehr heiß werden. Da wollte ich noch die kühlen Morgenstunden ausnutzen. Schnell hatte ich meinen Rucksack aufgeschnallt und war startklar. Ich verabschiedete mich noch von den Beiden. Schade, dass es wieder mal so kurz war, denn es war wirklich toll und ich hatte die Zeit wirklich sehr genossen. Ich hoffe, wir sehen uns wieder.

Ich navigiert mich aus den kleinen aufregenden Wörrstadt hinaus und lief nun der Morgensonne entgegen. Was für ein einmaliges Bild. Das musste ich unbedingt festhalten. Dafür, dass es noch recht früh am Morgen war, was es schon relativ heiß. Doch die Wärme auf der Haut fühlte sich sehr schön an.

Kurz vor Dittelsheim, dort wo ich die Nacht unterkommen sollte, zog sich der Himmel etwas zu und dunkle graue Wolken hingen mit im Nacken. Ohje, dachte ich und machte es mir vorsichtshalber auf einer überdachten Bank bequem. Mal gut so, denn rund 10 Min später kam ein leichter Regenschauer hinunter. Danach lief ich weiter und das Wetter klarte wieder auf. Wundervoll.

Dittelsheim ist ein kleiner, aber feiner Ort. Direkt am Pilgerweg liegt die Pension “Gästehaus am Pilgerweg”. Dort werde ich die Nacht über im Caravan übernachten. Als ich ein paar Tage zuvor dort angerufen hatte und die Inhaberin mir sagte, dass alle Zimmer leider belegt seien, fragte ich, ob ich ggf. mein Zelt im Garten aufspannen dürfte. Dabei kam sie auf die Idee, dass ich in ihrem Caravan übernachten könnte. Klasse, dachte ich und war begeistert. Ich freute mich schon sehr darauf die Nacht im Camper zu verbringen. Das erinnerte mich direkt an die guten alten Zeiten. Früher sind mein Cousin, meine Cousine und ich mit meiner Tante und meinem Onkel regelmäßig zur holländischen Nordsee mitgefahren und haben dort im Caravan und Zelt gecampt. Das war eine wundervolle Zeit, die ich nicht missen möchte.
Als ich in der Pension ankam, zeigte Frau Pfaff Hoffmann mir direkt mein Domizil. Doch zuvor durfte ich noch fix in einem der Gästezimmer duschen, bevor die Gäste anreisten. Alles war mit Liebe arrangiert. Sogar eine Liege stand vor dem Caravan. Dort verbrachte ich die letzten Stunden des Tages und genoss das Wetter, was wieder super war.

Perfektes Lied zum Start in den Tag ?

2 Antworten auf „Tag 18: Ein toller Mann zeigt Zivilcourage“

  1. Anna, Du musst viel Positives ausstrahlen, denn Du erfährst von den unterschiedlichsten Menschen viel liebevolle Zuwendung.
    Trotz des scheinbar viel Negativen in unserem Umfeld, unsere Welt ist hoffnungsvoll und schön.
    Weiterhin viel positive Bestärkung!

  2. Liebe Anna es ist so spannend deinen Block zu verfolgen so spannend was du alles erlebst.?Freunde von uns verfolgen auch alles und sind begeistert obwohl sie dich nicht kennen. Ich bin jeden Tag gespannt was du wieder erlebt hast ein richtiges Abenteuer. Wir sind sehr stolz auf dich auf viele weitere Geschichten vom Jakobsweg freuen wir uns. Alles liebe und gute wünschen dir Armin und Ela??

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