Tag 25: Das Haus der Geschichte

Mal wieder rheinisches Radio am Morgen, darauf hatte ich richtig Lust. Natürlich wollte ich auch wissen, was es in der Heimat so Neues gibt und hörte während ich mich für die Etappe nach Neudenau startklar machte WDR4 ?. Wie hatte ich den Musik-Mix am Morgen vermisst.

Bevor es aber los ging, noch eben ein leckeres und gepflegtes Frühstück. Unten im Frühstücksraum der Pension Bauer saßen bereits drei ältere Paare an drei verschiedenen Tischen und geneißten ihren Kaffe und Stulle. Es musste wohl außerordentlich lecker schmecken, denn es war so still wie in einer Kirche. Nun gut, dachte ich, das wird sich bestimmt gleich wieder legen. Aber nein. Auch nach 20 Minuten war es noch so still wie am Anfang. Zum Glück kam ein weiteres Pärchen. Man merkte, dass sie sehr verdutzt waren, dass keiner redete. Nach gefühlten 10 Minuten trauten sie sich leise die heutige Radtour zu besprechen. Das war eine Attraktion, jeder im Saal schaute auf das Pärchen, aber lediglich aus Neugier. Doch das verunsicherte das Pärchen beträchtlich und so wurde es erneut still. Was für eine komische Situation. Als ich dann nachher mit dem Pärchen alleine war und alle anderen den Raum, verlassen hatten, kamen wir ins Gespräch und unterhielten uns noch sehr nett. Warum hatte das vorher nicht geklappt, fragte ich mich ?.

Ich hielt das Gespräch mit dem Pärchen bewusst etwas kürzer, denn das sommerliche Wetter von rund 35° C sollte weiter anhalten. An dem Morgen war es bereits recht warm. Heute ging es primär an Feldern vorbei. Da gab es kaum Bäume, die Schutz vor der Sonne boten. Das bedeutete, regelmäßig vor der Sonne eincremen und genügend trinken, was ich vorbildlich tat.

Nach einem kurzen, aber steileren Anstieg, hatte ich die maximalen Höhenmeter für heute erreicht. Zum Glück. Und wieder einmal bot sich ein fabelhafter Blick auf Bad Friedrichshall und die umliegenden Dörfer. Ein letztes Mal schaute ich zurück auf Bad Friedrichshall, verabschidete mich und bedankte mich für die tollen Ereignisse, die ich dort erleben durfte. Es ging nur gerade aus, keine Abzweigung, nichts. Nebenher beobachtete ich einige Traktoren dabei, wie sie die Felder umpflügten und riesige Staubwolken produzierten. Verdammt, wie trocken es doch war. Zum Glück stand der Wind in der richtigen Richtung, sodass ich vor diesen Wolken bewahrt wurde. Der Wind verschaffte zudem eine gute Abkühlung, wodurch man die Hitze nicht sonderlich merkte. Was für ein Glück.

Irgendwann musste wieder Musik her. Dadurch lief es sich fast wie von selbst und in nur wenigen Stunden kam ich bereits in Neudenau an. Ich war noch viel zu früh, um bei meinem nächsten Couchsurfing Gastgeber Jacques vorbeizuschauen. So suchte ich mir ein nettes schattiges Plätzchen und machte dort eine ausgibige Pause. In solchen Momenten wird einem bewusst, dass man nicht viel benötigt um Glück zu verspüren. Eine Bank zum bequem liegen, ein Baum für ein schattiges Plätzchen, tolles Wetter und leckeres Obst zur Stärkung, schon ist der Moment gelungen und das Leben ist einfach toll.

Allmählich zog ich weiter. Ich schaute mir den historischen Stadtkern an und besuchte die kühle Kirche. Dort fing gerade, kurz nachdem ich die Kirche betrat, die Organistin an zu proben. Wieder ein kleines Orgelspiel ganz für mich alleine. Wie schön. Nach dem zweiten Lied holte ich mir geschwind den Stempel für heute und zog weiter. Die Jagst wollte ich ebenfalls kurz besuchen und schlenderte dorthin.

Gegen 17 Uhr machte ich mich dann auf den Weg zu meiner Gastfamilie. Irgendwann sagte die freundliche Google-Maps-Stimme “Sie haben ihr Ziel erreicht”. Ich schaute hoch und plötzlich stand ich wieder mitten auf dem Marktplatz, wo ich heute Mittag schon einmal stand und von der Schönheit fasziniert war. In der Mitte des Marktplatzes stand ein wunderschöner Brunnen, welcher von lauter Fachwerkhäusern umringt war. Vor einem dieser Fachwerkhäusern stand ich nun. Der Hammer, das konnte nur ein Traum sein. Ich ging die Treppen zur Haustüre hinauf, um mich zu vergewissern, ob ich auch wirklich richtig war. Der Name stimmte, ich war hier richtig. Ich drückte auf die Klingel und nach wenigen Sekunden ging die Türe auf und Jacques begrüßte mich. Er war bereits dabei ein wundervoll richendes Ratatoullie zuzubereiten. Daher gingen wir kurz in die Küche. Danach gab Jacques mir eine kleine Führung durch das Haus. Dabei lernte ich zugleich Silke seine Frau kennen. Die beiden sind wirklich super sympathisch und herzlich. Nach der kurzen Vorstellung zeigte Jacques mir mein Gästezimmer. Das Interieur passte super zu dem Haus. Jedes Detail passte hervorragend. Es war einfach ein Traum.

Nach einer kurzen Erfrischung im Bad gesellte ich mich zu den Beiden. Wir setzten uns raus, tranken einen Wein bevor wir mit dem wirklich tollen Essen begonnen und unterhielten uns sehr, sehr nett. Obwohl die Geschäfte auf dem Markt alle geschlossen hatten und Neudenau gar nicht so groß ist, war noch richtig was los auf dem Markt. Verschiedene Nachbarn kamen vorbei, die sich bspw. beim Italiener weiter unten noch ein Eis gönnten oder einfach eine Käseplatte vorbeibrachten. Es war einfach wunderschön und gesellig. Dabei lernten wir auch mehrere Passanten kennen. Unter anderem ein nettes Pärchen, welches eine längere Radtour geplant hatte und einen kurzen Stop in Neudenau einlegten, bevor es zum Etappenziel weiterging. Wir unterhielten uns über das Haus von Silke und Jacques. Das war so interessant, dass ich aus dem Staunen kaum heraus kam. Das Haus trägt eine 535 jährige Geschichte. Welche Geschichten sich wohl dort über die Jahre abspielten. Und ich durfte heute in diesem Haus übernachten. Wer kann das schon sagen, dass jemals gemacht zu haben. Pure Faszination und Freude machte sich breit.

Bevor es dann zu Bett ging, kam noch ein weiterer Nachbar vorbei, der das Urgestein des Dorfes ist. Er berichtete, dass ein Fernsehsender einen Bericht über die alten Fachwerkhäuser produziert hatte und dabei auch das Hause von Silke und Jacques erwähnt bzw. verfilmt wurde. Das mussten wir uns unbedingt in der Mediathek ansehen bevor der Tag sich dem Ende neigte. So viel Geschichte an einem Tag, grandios.

Nachfolgend ist der Link zum Bericht zu finden, in dem Silke und Jacques Haus gezeigt wird. ?

https://www.swrfernsehen.de/landesschau-bw/gerd-schaefer-rettet-alte-haeuser-100.html

3 Antworten auf „Tag 25: Das Haus der Geschichte“

  1. Liebe Anna. Vielen Dank für Deinen Besuch und das tolle Feedback. Genau so hatten wir uns Gäste in unserem Gästezimmer immer gewünscht. Komm gut nach Santiago und auf dem Rückweg wieder vorbei!

  2. Dein Blog -Eintrag heute macht mir klar, wir sind nur ” Gäste” auf dieser wunderschönen Erde. Wir haben das Privileg, diese in unserer Region in Frieden, in relativ intakten ökologischen und ökonomischen Gegebenheiten zu erleben.
    Damit das so bleibt, sind Menschen wichtig, die Werte, wie Gastfreundschaft (Jacques und Silke), Offenheit für Neues, Erhalt von Historischem (der Baumeister der alten Häuser) einbringen.
    Und die Pilger sind nötig, die sich auf den Weg machen und mit ihren Erfahrungen/Berichten uns die Augen öffnen für unsere schöne Erde und wach machen für die Verantwortung, die wir dafür haben.
    Liebe Anna ich wünsche Dir viele gute Gedanken.

  3. Hallo Anna, habe heute angefangen deinen Reise-Blog zu lesen und konnte nicht mehr aufhören. Es freut mich,das du so viele nette Menschen auf deinem Weg getroffen hast. Ich werde mit Spannung weiter lesen und wünsche dir für die nächsten Km keine neuen Blasen .LG Adele

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