André und nicht verbrachten drei wundervolle Tage in Konstanz und Umgebung. Den ersten Tag ließen wir es ruhig angehen und erkundeten Konstanz, gingen lecker Essen und sahen uns am Abend den Sonnenuntergang von der Fahrradbrücke aus an. Es war einfach einmalig und wunderschön. Der nächsten Tag legten wir als Ausflugtag fest. Wir besuchten den Rheinfall, welcher leider auch ein kleiner Reinfall war. Zwar ist es ein tolles Naturereignis, doch knapp eine Stunde hin und eine Stunde zurück mit dem Zug und dann auch noch extra Geld dafür zu bezahlen, um dieses tolle Schauspiel sehen zukönnen war nicht gerechtfertigt. Die Hauptsache dennoch war, dass André und ich zusammen waren und die Zeit gemeinsam verbrachten.
Im Anschluss besuchten wir die Inseln Reichenau, die früher eine reine Klosterinsel war und von Mönchen betrieben wurde. Mit dem Rad lässt sich die Insel jedoch besser erkunden. ? Nachdem wir einen leckeren Apfelstrudel gegessen hatten, fuhren wir zurück zu unserer Wohnung, um uns dort kurz frisch zu machen, denn wir wollten uns noch spontan mit Eka treffen, einer (ehemaligen) Kollegin von André und mir. Eka hatte Urlaub, schwingte sich aufs Rad und bestritt ihre Tour bis Konstanz. Was für ein toller Zufall, dass wir genau zur selben Zeit in Konstanz waren. Wir trafen uns in einem spanischen Restaurant und verbrachten eine tolle Zeit miteinander. Ein toller Abschluss für eine wunderbare Zeit.
Am nächsten und letzten Tag hieß es dann Abschied nehmen. Wie an jedem Morgen, holte ich auch heute wieder frische Brötchen vom Bäcker. Dann hieß es Tasche packen. Wehmütig machten wir uns allmählich auf den Weg zum Bahnhof. Die Zeit ging einfach viel zu schnell vorbei. Am Bahnsteig mussten wir Abschied nehmen. Für einen kurzen Moment hatte ich daran gedacht mit einzusteigen, aber nein. Obwohl ich traurig war meiner besseren Hälfte wieder auf Wiedersehen sagen zu müssen, freute ich mich wieder aufs wandern und war schon ganz gespannt auf die Schweiz. Der Zug fuhr in den Bahnhof ein, eine letzte Umarmung und ein letztes Kuss und André stieg ein. Auf Wiedersehen mein Schatz ich freue mich riesig, wenn wir uns bald wieder haben.
Abschied nehmen fällt immer schwer.
Vom Bahnhof aus ging es kurz in den Kiosk nebenan. Dort erwarb ich noch einen Stecker für die Schweiz. Im letzten Moment hatte ich noch im Reiseführer gelesen, dass die Schweizer andere Stecker haben als wir Deutsche. Na mal gut, dass mir das noch aufgefallen ist. Zudem kam hinzu, das ich auch noch Geld wechseln musste. Ohne Schweizer Franken würde ich nicht weit kommen. So war mein nächster Halt direkt gegenüber vom Kiosk die Sparkasse. Dort ließ ich noch etwas Geld wechseln und dann konnte es los gehen.
Die Aufregung stieg mit jedem Schritt. Nun war ich kurz vor der Grenze und sah bereits den Zoll. Vor dem Ortschild auf dem Konstanz durchgestrichen und die Schweiz stand und nun direkt vor mir lag, machte ich kurz halt. Ich machte ein Foto und musste an die Nachricht mit dem Spruch denken, die Birgit (Pilgerin, die ich an meinem ersten Tag kennengelernt hatte) geschickt hatte.
“Nichts ist so erfrischend wie ein beherzter Schritt über die Grenze” (Keith Haring).
Das gab mir Mut den Schritt über die Grenze zu wagen. Ich ging weiter und fragte am Zollhäuschen, ob ich irgendetwas vorweisen müsste. Die Dame winkte freundlich ab und schwupf war ich in der Schweiz. Kurz und schmerzlos.
Die ersten Kilometer fühlten sich wie an meinem allerersten Pilgertag an. Obwohl ich bereits seit einigen Wochen unterwegs war, war dennoch einiges neu.
- kein mobiles Datenvolumen mehr (eine digitale Karte gab es nun nicht mehr)
- etwas mehr Gepäck statt weniger ? ( André hatte mir noch ein paar Sachen mitgebracht, die ich benötigte)
- andere Währung
- andere Sprache (wobei ich das Schweizerdeutsch sehr charmant finde?)
- neue Landschaften (jippi, endlich Berge. Jetzt wird es bestimmt interessant
- und noch einiges mehr
Ich brauchte etwas Zeit bis ich mich an die neue Umgebung gewöhnt hatte. Da war es gut, dass ich zunächst ganz in Ruhe durch den Wald lief. Am Ende des Waldes sah ich das erste schweizer Dorfhäuschen und fühlte mich unmittelbar um ein paar Jahre zurück versetzt. Etwas altbacken aber dennoch wunderschön. Es passte einfach. So hatte ich mir die Schweiz immer vorgestellt.
Die Beschilderung des Jakobsweges ist in der Schweiz um einiges besser als in Deutschland. Meinen Reiseführer den ich mir extra zugelegt hatte, brauchte ich gar nicht. Märstetten war perfekt ausgeschildert. Bis dorthin war es nicht so weit und ich hatte noch genügend Zeit bis dorthin. So kam es, dass ich auf dem Weg dorthin ein Pilgerwagen entdeckte. Interessiert ging ich zu dem Wagen und fühlte ob die Türen offen war. Es war offen und ich ging hinein. Es war ein Wagen in dem man Rast machen aber auch schlafen konnte. In diesem kleinen und unscheinbaren Wagen gab es sogar WLAN, Strom und Betten. Das war der Hammer. Ich machte es mir gemütlich für rund eineinhalb Stunden und hinterließ zum Dank eine Nachricht im Gästebuch. Wie Gastfreundschaftlich die Schweiz doch ist. Fabelhaft.
Kurz vor der Pilgerherberge, meinem heutigen Domizil, traf ich auf Sarah und Gabriel. Ein super nettes Ehepaar, welches auch in der Herberge übernachtete. Wir gingen gemeinsam zur Herberge und war noch etwas zu früh. Erst in einer halben Stunde konnten wir hinein. Daher machten wir es uns auf der Terrasse von der Herberge gemütlich und lernten uns näher kennen. Es stellte sich heraus, dass Sarah und Gabriel bereits den gesamten Jakobsweg gelaufen sind. Wie das oftmals der Fall ist hatten sie Blut geleckt und gingen den Weg nun in ihrer Freizeit noch einmal,aber nicht am Stück sondern in Etappen. Sie erzählten zahlreiche Geschichten vom Jakobsweg,die sie erlebt hatten. Ich klebte den beiden an den Lippen und fand es super spannend. Ich freute mich nun noch mehr auf weitere Abenteuer. Kurze Zeit später kam eine weitere Pilgerin namens Eva und setzte sich mitdazu.
Wo war die Zeit geblieben, plötzlich hatten wir schon halb sieben. Eigentlich hätte schon längst unsere Pilgermama hier sein müssen. Wir riefen sie an und kurz darauf kam sie. Zusammen klärten wie die Formalitäten, dabei fragte ich, ob es hier WLAN gibt. Unsere Pilgermutter war vom Wesen her wenig herzlich. Sie lachte kurz auf und anwortete, “Also nein, hier gibt es kein Internet, dies ist ein Ort der inneren Einkehr.” Wo zum Teufel war ich hier gelandet, dachte ich mir. “So etwas kann man sich heutzutage gar nicht mehr vorstellen, nicht wahr?” fügte sie ihrer Antwort noch hinzu. Na toll. Ich merkte, dass es Sarah und Gabriel auch nicht passte. Doch die beiden hatten glücklicherweise eine schweizer SIM-Karte, allerdings mit sehr schlechtem Empfang. Nur an der Bushaltestelle, ein paar Meter, weiter hatte Gabriel ein wenig mehr Empfang. Gabriel bot mir einen Hotspot an und so setzten wir uns drei, wie die Drei von der Tankstelle, an die Haltestelle. Ein Bild für die Götter. Die Internetverbindung brach immer wieder ab. Naja nicht so schlimm, ein Tag ohne Netz das geht.? Daher ging es nach weiteren tollen Geschichten zurück in die innere Einkehr bis Eva, mit der ich mir das Zimmer teilte, von ihrem Treffen mit einer Freundin zurück kehrte. Auch wir kamen an dem Abend tiefer ins Gespräch, was ich unheimlich toll fand. Bald war es Zeit für die Nachtruhe und wir knipsten unsere Lichter aus und wünschten uns eine gute Nacht.
Impressionen Konstanz und Umgebung
Impressionen vom ersten Pilgertag in der Schweiz.
A Brand new Pilgerstart?
Bei Deinem Bericht fällt mir nur ein: “Andere Länder, andere Sitten”.
Phantasievolle Pilgerraststätten und fehlendes Internet, aber jetzt mehr Pilger auf dem Weg, die zusammenhalten.
Schauen, was Du als nächstes zu berichten hast.
Du überschreitest leichtfüßig Länderrenzen aber die Grenzen der Netzwelt sind beschränkter als der Mensch der beide geschaffen hat. Seltsame neue Welt. Aber beide Grenzen werden auf deiner Wanderschaft vermutlich noch beschränkter werden. Gib nicht auf auch wenn dich Berge die vor dir stehen dich an deine Grenzen bringen könnten.