Gegen halb sieben klingelte das erste Mal mein Wecker. Richtig aufgestanden sind Eva und ich jedoch erst gegen sieben Uhr. Bis dahin haben wir die halbe Stunde noch gemütlich in unseren Schlafsäcken verbracht. Sarah und Gabriel waren schon längst wach. Als ich Aufstand und in die Küche ging, waren die beiden schon wanderbereit und hatten ihre fertig gepackten Rucksäcke im Zimmer stehen. Als ich fragte wann sie aufgestanden seien, sagte Gabriel ” Wir sind so gegen fünf aufgestanden.” “Was?” kam nur komplett verdutzt aus mir heraus. Ich konnte es kaum fassen. Gabriel erzählte mir dann weiter, dass er Probleme hat in fremden Betten zu schlafen und immer relativ früh wach ist. Er brauchte immer ein paar Tage um sich daran zu gewöhnen.
Gemütlich tranken wir vier noch einen Kaffe zusammen. Die Pilgerprofis Sarah und Gariel fragten mich, ob ich mit ihnen ein Stück mit wandern möchte. Ich war mir unsicher. Ich machte auf den Wegen hin und wieder gerne ein paar Bilder und trödelte dabei etwas ? Fast wie eine kleine Schildkröte. Dahingegen waren die beiden eher zwei flotte Hasen. Nachdem ich mich im Bad fertig gemacht hatte, hatte ich meine Entscheidung getroffen. Leider würde ich die beiden nicht begleiten. Aber wir halten Kontakt, das war sicher. Da Eva gestern auf dem Foto fehlte, wollte ich, bevor die große Aufbruchsstimmung los ging, noch schnell ein Foto machen. Eva und ich verabschideten uns von den beiden und wünschten uns gegenseitig einen ” Buen Camino”. Da waren wir nur noch zwei.
Eva und ich schauten uns in der Herberge noch einmal kurz um. Den Gemeinschaftsraum hatten wir garnicht genutzt. Nur zum gestrigen check-in waren wir kurz drin gewesen, aber sonst nicht. Beim genaueren umsehen fielen uns die Pilgerkekse auf. Eva erkannte sie sofort, es waren Aniskekse. Was auch immer das ist, dachte ich ? Eva schnappte sich zwei und legte den Betrag in die dafür vorgesehen Kasse. Einen Keks davon schenkte sie mir. Ich war überrascht und freute mich riesig über die liebe kleine Geste. ?
Da wir erst gegen 10 Uhr die Herberge verlassen mussten, hatte Eva noch genügend Zeit, die sie auch komplett ausreizen wollte. ? Da ich soweit fertig war und von den letzten Resten im Kühlschrank mir ein leckeres Frühstück gezaubert hatte und nun satt war, war ich die Nächste, die sich auf den Jakobsweg begab. Eva und ich verabschideten uns ganz herzlich voneinander. Danach verschwand Eva wieder im Badezimmer und ich durch die Herbergstür. Mit einem wohlig schönen Gefühl nun andere Pilgerer getroffen und eine tolle Zeit mit ihnen verbracht zu haben, war ich nun gespannt, ob ich heute weitere Weggefährten treffen würde.
Der Morgen war wunderschön zum wandern. Die Sonne schien und der Himmel war Babyblau. Der Morgentau lag noch auf den Feldern und verlieh der Landschaft eine einzigartige Schönheit. Allmählich kamen die Berge immer näher und ich freute mich schon sehr auf die Hügel ? Wobei ich doch ein wenig Respekt davor hatte.
Als ich an einigen Häusern vorbei lief fiel mir wieder auf, wie gastfreundschaftlich die Schweizer doch sind. Wieder entdeckte ich ein Haus mit einem Wasserhahn, der extra Pilgerern zur Verfügung stand. Was für ein Service. Ich füllte meine Flasche auf und trank einen großen Schluck. Frisch bei Sinnen konnte die Reise weitergehen.
Wie gestern kam ich auch heute sehr gut durch und war etwas zu früh am Etappenziel angekommen. Bis zum Check-in war es noch ein wenig hin und so legte ich mich noch etwas auf die Wiese, genoss das super Wetter und probierte den Keks, den Eva mir heute morgen geschenkt hatte. Mhhmhh, so ganz war der Keks nicht mein Geschmack, aber er war auch nicht schlecht. Mit jedem Bissen dachte ich an Eva und fragte mich wie weit sie wohl heute kommen würde.
Bald schon konnte ich auf mein Zimmer. Eine Weile unterhielt ich mich mit meinem Vermieter der neben den Pilgerzimmern auch einen Bauernhof mit Angus Rindern betrieb. Rinder,wie süß. Mir ging sofort das Herz auf. Meine lieblings Tiere ? Nachdem ich mir das Dorf etwas angeschaut und eine kleine Stärkung zu mir genommen hatte, durfte ich mir die Rinder im Stall anschauen. Das war ein super Abendprogramm. Ich war total faszinierd. Ein Rind ließ sich die gesamte Zeit den Allerwertesten an einer automatischen Bürste massieren. Ich kam aus dem schmunzeln nicht mehr heraus, denn es schien zudem, dass das Rind dabei beinahe einschlief. Neben dessen gab es aber auch viel kleine Angus Rinder. Wie knuffig die waren. Am liebsten hätte ich mir eins geschnappt und es geknuddelt. ? Doch irgenwann kam die Mama von dem Kleinen als ich ein paar Fotos knipste und wollte mich Weg drücken. Fotos waren wohl nicht erlaubt. ?
Als es dann schon dunkel war und die ersten Mücken zu hören waren, wurde es auch für mich langsam Zeit schlafen zu gehen. Ich war einen letzten Blick zu den Rindern und ging durch die Tür. Gute Nacht.
Rinder sind also deine Lieblingstiere. Muhh, wieder etwas gelernt 🙂