Obwohl ich gestern früh schlafen ging, kam ich dennoch schwer aus dem Bett. Nicht nur weil es schön warm und gemütlich war, sondern in der Nacht ein Sturm gewütet hatte. Das Unwetter war so laut, dass ich des Öfteren aus dem Schlaf gerissen wurde. Mein letzter Instandkaffe half mir zum Glück dabei die Müdigkeit zu überwinden.
Als Cathy mich hörte, wie ich mein Frühstück in der Küche zubereitete, kam sie vorsichtig aus der Tür geschritten. Ich sagte ihr, dass sie sich gerne kurz dazu setzen kann. Direkt nahm sie das Angebot an und setzte sich an den Tisch. Aus einem kurzen wurde doch ein längeres Gespräch und so unterhielten wir uns eine Weile.
Cathy ist geschätzt Ende 30zig, geschieden und ist Mutter von zwei bezaubernden Kindern, die an gewissen Tagen bei ihr und bei ihrem Vater leben. Sie liebt es Mutter zu sein und das sieht man ihr auch an. Es ist wirklich schön dies mitanzusehen. Da geht einem das Herz auf. Mit voller Leidenschaft kümmert sie sich um ihre kleinen Schätze. Das Thema Religion spielt bei Cathy ebenfalls eine große Rolle. So wollte sie alles über den Jakobswegs wissen und erzählte mir, dass sie eine Zeit lang im Ausland gelebt hat. Nun ist sie hier in Frankreich Yoga-Lehrerin und fliegt jedes Jahr für drei Monate zurück nach Peru, um dort in der Natur wieder zur Ruhe zu kommen und dort ihren Lebensbaum anzubeten (sofern ich das richtig verstanden habe). Darüber hinaus singt Cathy auch unheimlich gerne. Sie stimmte extra ein Lied für mich an. Ein zweites Mal, das jemand für mich sang. Ich freute mich unheimlich über diese sehr schöne und wundervolle Geste.
Nach dem tollen und entspannten Sonntagmorgengespräch machte ich mich nun langsam auf den Weg. Zwar hatte ich es heute nicht allzu weit, da ich gestern mehr Kilometer gelaufen war, jedoch wollte ich nicht durch den angekündigten Regen laufen.
Auf dem Weg lagen überall leckere Wallnüsse und Esskastanien, an denen ich nicht herum kam ein paar auf zu sammeln und als Proviant mitzunehmen. Mir tat es in der Seele weh zu sehen, wie viele Nüsse hier auf dem Boden lagen, die nicht aufgesammelt wurden. Komisch, anstatt das freie Angebot zu nutzen, welches überall zu finden war, kaufen die Leute lieber die überteuerten Nüsse im Supermarkt. Dabei bietet die Natur einem so viel, womit man sich selber versorgen kann, man muss nur die Augen aufmachen. Ich spreche aus Erfahrung und war nicht anders ?
Dann plötzlich bekam ich einen Schock. Mitten im Wald hatte jemand seinen gesamten privaten Müll plus überschüssiger Inneneinrichtung entsorgt. Mehrere illegale Entsorgungen hatte ich leider schon öfters hier in Frankreich gesehen, doch so extrem noch nie. Einfach unglaublich. Wie kommt man nur auf solch einen Scheiß. Es gibt nichts wertvolleres als die Natur. ?
Etwas verfrüht kam ich in Les Albert an. Bis zur heutigen Unterkunft waren es nur noch 3 Kilometer. Daher entschied ich mich solange bei McDonalds aufzuhalten und einen leckeren McCafe zu trinken. Da es zudem freies WLAN gab, machte ich mich spontan auf die Suche nach einem Tättowierer. Denn nach meiner Reise möchte ich mich unbedingt tätowieren lassen. Eine genaue Vorstellung von meinem Motiv haben ich auch schon. ? Parallel dazu suchte ich natürlich wieder fleißig Unterkünfte. AirBnB stellte sich dabei langsam als Geheimwaffe heraus. Damit kam die Suche etwas in Schwung.
Heute kam ich in einer privaten Unterkunft unter, bei Alain und Florentine. Beide waren bereits sehr bekannt in der Pilgercommunity, da sie das gesamte Geld, welches sie durch die Pilgerübernachtungen einnehmen, in ihr wohltätiges Projekt einfließen lassen. Im Rahmen des Projektes kaufen sie alle wesentliche Schulutensilien und auch Essen für Kinder in Madagaskar. Da Florentine aus Madagaskar stammt ist es eine Herzensangelegenheit von ihr, wovon sie auch beim Abendessen erzählt und auch Fotos gezeigt hat, so weit wie möglich hinsichtlich der sprachlichen Herausforderung. Beide hatten mir geschrieben, dass sie deutsch sprechen können. Echt super, dachte ich und freute mich schon sehr mit ihnen auf Deutsch sprechen zu können. Aber ihre Kenntnisse waren genau so gut wie meine französisch Kenntnisse, fast null ? So kam es, dass wir uns während des Abendessens gefühlt wie Kinder in ihren ersten Jahren unterhielten. Ich versuchte mein letztes französisch Vokabular zu aktivieren und Alain sein deutsch Vokabular. Man war das herrlich. Nebenbei war es das beste Menü was ich bisher auf der Reise gegessen hatte. Einfach nur ein Gedicht. Mit einem richtig vollen Bauch kugelte ich mich dann in meine kleine Wohnung rüber und machte mir einen gemütlichen und ruhigen Abend.
Nachfolgend ein kleiner Ausschnitt von dem Lied, welches Cathy für mich sang ?
Unsere Umwelt birgt unglaublich viele Schätze!
Wertvolle Menschen
Eindrucksvolle Landschaften
Ein reiches “Speisenangebot”, wenn man es erkennt.
Einfach wundervoll!!!