Tag 87: Unverhofft kommt oft

Als ich gestern Abend sah, was es alles zum Frühstück geben sollte, dachte ich mir, dass ich mir die 6 € getrost sparen kann. Da griff ich doch lieber auf meine Reserven zurück. Neben dessen ich einen ganzen Liter warme Sojamilch verputzte, gab es noch Belvita-Kekse und Obst dazu. Urs und Florence hatten sich dazu entschieden das Frühstück mit zu buchen. Überzeugt waren sie schlussendlich vom Frühstück nicht aber es machte immerhin satt. Das war die Hauptsache. Am Ende blieb sogar noch etwas Brot übrig. Und da keiner der beiden, dies als Proviant mitnehmen wollte, durfte ich es nehmen. Ich freute mich über die kleine Spende. Da war die Mittagspause schon wieder gesichert. ?

Bis Monfaucon-en-Velay war es heute nicht weit. Lediglich 20 Kilometer die es zu bewältigen galt. Ich konnte es kaum glauben, doch in diesem Dörfchen konnte ich eine Couchsurfing-Nacht bei Anne reservieren. Anne ist rund 40 Jahre alt und hat zwei Kinder, so viel wusste ich. Ich freute mich schon sehr. Da wir vereinbart hatten, dass ich gegen 17 Uhr anreisen kann, hatte ich noch genügend Zeit und machte es mir noch etwas in meinem Stockbett bequem. Florence und Urs machten sich hingegen  schon langsam auf den Weg. Fix machten wir noch ein Erinnerungsselfie und verabschiedeten uns ganz herzlich von einander. Ach war das schön Gleichgesinnte zu treffen und eine tolle Zeit mit ihnen zu verbringen. Ich war richtig froh. Genau das hatte ich mal wieder gebraucht. Das gab mir einen richtig positiven Schub.

Nach rund einer halben Stunde, nachdem die beiden los gezogen waren, hatte ich keine Lust mehr meine Zeit zu versäumen. Ich hatte Hummeln im Hintern. Der Weg rief mich. Ich musste laufen. Auch wenn ich viel zu früh ankommen sollte, ich musste einfach los. Und ich ging los.

Draußen war es richtig kalt und neblig. Mit meiner Leggings, Sweatshirt und Weste kam ich wieder an meine Kältegrenze. Zwar wurde es warm sobald ich ein Stück lief, aber so konnte das nicht weitergehen. Wenn es noch kälter werden würde, dann könnte ich einpacken. In einer größeren Stadt muss ich daher schauen, dass ich eine dickere Hose und Jacke bekomme. Soviel stand fest.

So dick eingepackt wie es eben ging, führte der Jakobsweg heute wieder komplett durch den Wald. Einfach nur wow. Es gab so viele Facetten, die die Natur zu bieten hatte. Auch wenn ich bereits schon einige Zeit unterwegs bin und mich der Weg schon sehr oft durch die Natur und diverse Wälder geführt hatte, es wird einfach nie langweilig. Es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken und zu erleben. Und immer wieder wird man auf ein neues überraschend. Unerwartete Landschaften, die man sich hätte nie vorstellen können. Immer wieder bin ich begeistert und fasziniert. In love mother nature.

Irgendwann auf dem Weg, als ich mal kurz mein Datenvolumen anknipste, erhielt ich eine Nachricht von meiner ehemaligen Arbeitskollegin Leona. Ich blieb kurz stehen, um sie mir kurz in Ruhe durchzulesen. Es war eine wunderschöne und liebe Nachricht, worüber ich mich sehr freute. Damit hatte ich nicht gerechnet und selbst kam ich nun wieder zum Nachdenken. Meist sind es solch kleine Momente oder Nachrichten, die einem den Tag und die Reise versüßen und einem ein Lächeln auf die Wangen zaubern.
An dieser Stelle ein großes Danke an all die Menschen, die mir bereits so wundervolle und motivierende Nachrichten und Kommentare geschickt bzw. hinterlassen haben. Ich danke euch von ganzem Herzen. ?

Nachdem ich mich an einem Wachhund  vorbei gekämpft hatte, sah ich auch schon Urs und Florence vor mir. Ich hatte sie eingeholt und überholte sie nach einem kurzen Pläuschchen. Ich war so gut im Flow, dass ich wirklich viel zu früh in Monfaucon-en-Velay ankam. Ich überlegte, ob ich nicht weiterziehen sollte. Ich nahm auf einer Bank platz, aß zunächst mein Baguette und schaute dabei direkt bei Booking.com nach, ob ich eine Unterkunft in dem Dorf Tence, rund 10 Kilometer weiter, finden konnte. Jackpot, auf Anhieb konnte ich ein Recht günstiges Zimmer inkl. Frühstück finden. Ich buchte es sofort und sagte Anne schweren Herzens ab. Zwar war Anne nett und freundlich, doch irgendwie hatte ich ein nicht ganz so gutes Bauchgefühl. Irgendetwas störte mich was ich jedoch nicht genau definieren kann. Von meiner vorletzten Couchsurfing-Nacht in Genf hatte ich mir geschworen, wenn mein Gefühl nicht ganz stimmt, es lieber sein zulassen. Es sollte so sein, dass ich nicht bei Anne übernachte, sonst hätte ich wahrscheinlich auch nicht das günstige Zimmer gefunden. Da es zudem morgen den ganzen Tag regnen sollte, wollte ich das super Wetter zudem ausnutzen. Immerhin ließ die Sonne sich jetzt auch blicken, sodass die Kälte etwas erträglicher wurde.

Nach weiteren zwei Stunden der Wanderschaft kam ich in der Herberge in Tence an. Ich sah, dass es für Pilgerer ein extra Sonderpreis gibt. Dieser lag nochmal fünf Euro unter dem Betrag den ich bei Booking.com gesehen hatte. Umgehend fragte ich meine Herbergsmutter nach dem Rabatt. Doch da ich die Nacht online reserviert hatte und Booking.com einen entsprechenden Anteil für die Vermittlung erhält, konnten sie den Rabatt nicht gewähren. Hätte ich angerufen und reserviert wäre der Spezialpreis möglich gewesen. Naja, hätte ich angerufen, hätte ich als deutsche womöglich wieder schlechte Karten gehabt. Deswegen war es gut so wie es jetzt war. Für’s nächste Mal weiß ich dafür nun Bescheid.

Bevor ich es mir in meinem kleinen Zimmer gemütlich machte, ging ich zunächst duschen. Im kleinen Supermarkt nebenan organisierte ich mir anschließend mein Abendessen und zugleich Frühstück für morgen früh. Danach legte ich mich in mein großes Bett und machte mir das erste Mal nach langer Zeit einen Film an. Das war sooo schön. Mal wieder ganz entspannt im Bett liegen und einen Film gucken. Das war richtiger Luxus ? Beim zweiten Film wurden die Augen jedoch so schwer, dass ich nur die Hälfte mitbekommen habe und einschlief. 30 Kilometer sind halt auch anstrengend ? Ein rundum toller Tag mit einigen Planänderungen.

2 Antworten auf „Tag 87: Unverhofft kommt oft“

  1. Liebe Anna, es ist so mutig ganz für dich allein diese Reise zu machen. Ich könnte sowas nicht ? Pass weiterhin gut auf dich auf ?, vor allem beim Couchsurfing ? hoffentlich können wir uns 2021 mal wiedersehen, bei dem ganzen Besuch, den du schon eingeladen hast ?. Liebe Grüße?

  2. Ja Anna, Deine Reise hat natürlich einige Unwägbarkeiten und es gehören Mut, Neugier auf Unbekanntes und Durchhaltevermögen dazu. Bis jetzt hast Du ja überwiegend positive Erfahrungen gemacht und so geht es hoffentlich weiter.
    Bleibe gesund und habe weiterhin einen guten Weg.

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