Tag 88: Eine günstige Mitfahrgelegenheit

Ein weiterer Sonntag, diesen ließ ich ganz entspannt angehen. Ich bereitete mir mein Joghurt mit frischem Obst zu, machte mir einen leckeren Instant-Kaffe dazu und setzte mich gemütlich an den kleinen runden Tisch der direkt vor meinem Fenster stand. Ich schob die Gardine beiseite und hatte einen netten Ausblick auf die hügelige Landschaft, die direkt vor dem Hotel lag. Also einen Blick in die Natur und das war echt super.
Da ich gestern das tolle Wetter ausgenutzt hatte, waren es heute nur um die 17 Kilometer, die ich bis zum nächsten Dorf Saint-Jeures laufen musste. Die Unterkunft, die ich dort organisieren konnte, lag allerdings noch einmal 5 Kilometer weiter entfernt. Die Besitzer hatten zwar angeboten mich in dem Dorf abzuholen. Diese Option wollte mir offen halten, für den Fall der Fälle, aber für mich stand schon fest, dass ich die zusätzlichen Kilometer laufen werde, um u. A. im Training zu bleiben und die Umwelt zu schonen. Durch meine Bequemlichkeit sollte das Ozonloch nicht leiden. ?

Soo die Check-out Zeit war nun ausgereizt und ich machte mich so langsam mit einem neuen Lied in den Ohren (dank des heutigen Kartenöffnungstags) auf den Weg. Boar, es war immer noch so kalt und ich hatte das Gefühl es wurde stets kälter. Ich packte mich mit meinen vorhandenen Kleidungsstücken so dick ein wie es ging. Sogar das Bundeswehrtuch von André funktionierte ich zum Ohren wärmer um, worauf noch die Kapuze der Jacke drauf platziert wurde.

Gut isoliert war es ein leichter aber auch schöner Weg, der mit vielen kleinen Sehenswürdigkeiten bestückt war. Kurz vor dem Dorf Saint-Jeures kam zu der eisernen Kälte ein leichter Regenschauer hinzu. Na super. Etwas weniger davon begeistert, entschied ich mich spontan dazu eine kleine Schokoladenpause im Wäldchen, direkt am Wegesrand, einzulegen. Dort wurde ich mit Hilfe der Bäumen vor dem Regen geschützt, aber der Nachteil war, dass ohne die Bewegung es ruckzuck kalt wurde. Um der Kälte dennoch zutrotzen kam ich auf die Idee mal wieder ein paar Spaßfotos zu machen. Ich probierte einige Positionen aus, um mich schön warm zu halten. Perfekt, klappt doch. Man muss nur einen Weg finden ?

Als der Regen etwas weniger wurde machte ich mich wieder auf den Weg und erreichte nach 2 Kilometern das Dorf. Ich ging in die Kirche, um dort nach dem Pilgerstempel zu schauen, allerdings vergebens. Als ich dann wieder herauskam sah ich schräg gegenüber Urs der am überdachten PickNick-Tisch Platz genommen hatte und eine Pause einlegte. Das war ja mal ein Zufall. Ich freute mich riesig ein bekanntes Gesicht zu sehen und lief direkt mit einem breiten Grinsen auf Urs zu. In der Zwischenzeit in der ich in der Kirche war hatte der Regen wieder begonnen. Urs und ich hofften, dass wenn wir warten, der Regen schon wieder aufhören würde. Jedoch falsch gedacht, der Regen wurde zunehmend stärker und so kam es, dass wir uns fast eine ganze Stunde verquatschen. Herrlich. Nun wurde uns beiden zu nehmend kälter und so entschieden wir uns weiterzuziehen. Urs hatte noch 10 Kilometer in dem bescheidenen Wetter vor sich und ich war nun doch ernsthaft am überlegen, ob ich das Abholangebot in Erwägung ziehen sollte. Aber irgendwie konnte ich das nicht, ich hatte das Gefühl genau wie Urs durch den Regen zu laufen, getreu dem Motto geteiltes Leid ist halbes Leid, auch wenn wir nicht die selber Route für heute hatten?

Wetterfest gekleidet trennten sich unsere Wege nun wieder und ich sagte dem Regen den Kampf an. Die ersten 1,8 Kilometer verliefen gut, doch dann verlor ich bei dem Regen die Orientierung. Google Maps wusste auch nicht recht wo es mich hinweisen sollte und nun spürte ich meine Zehen vor Kälte auch nicht mehr. Mein Geduldsfaden wurde zunehmend dünner, bis er schlussendlich riss. Ich regte mich tierisch auf, da meine Handy nun vollkommen spinnte und das im nirgendwo. Na Klasse ? Als ich gerade irgendeinen Weg einschlagen wollte und mich weiter auf regte hielt neben mir ein Auto. Durch das halb offene Fenster fragte mich ein Ehepaar, ob sie mir helfen bzw irgendwo hinfahren könnten. Die Beiden schickte der Himmel. Von jetzt auf gleich hatte ich wieder super Laune und erklärte ihnen meine Situation. Das Ehepaar sagte mir, dass sie das Paar, welches die Pension leitet, gut kennen und die Pension auf ihrem Weg liegt. Perfekt, ich bzw. meine Zehen waren gerettet. Der Mann half mir dabei mit meinen halb nassen Sachen ins Auto zu hüpfen und dann ging es auch schon direkt los. Ich war soo happy und freute mich riesig in Kürze ins trockene zukommen. Wundervoll.

Nach rund sieben Minuten waren wir an der Pension angekommen. Ich dankte den beiden von ganzem Herzen und verabschiedete mich von ihnen. Ich sprintete zur Tür und ging in die Pension hinein. Nachdem ich das fünfte mal “Bonjour” gerufen hatte kam meine Herbergsmutter auf mich zu gelaufen. Es stellte sich heraus, dass sie gebürtige Niederländerin ist und bereits seit 30 Jahren mit ihrem Mann und ihren drei Kindern hier auf dem Hof lebt. Herrlich, sie verstand also Deutsch und Englisch. Sie zeigte mir mein Zimmer von welchem ich total begeistert war. Es gab ein riesiges Bett mit einem separaten und riesigen Badezimmer dazu. Und vor allem es gab einen Föhn. Ich konnte mir nach Wochen mal wieder die Haare föhnen. Och Gott, hatte ich ein Glück. Es kam allerdings noch besser. Das Abendessen was meine Herbergsmutter für mich zauberte war einfach nur genial. Zwar war ich wieder einmal alleine in der Pension /Herberge aber so konnte ich jeden einzelnen Bissen genießen. Nachdem meine Zehen halb abgefrohren waren, kam das genau richtig. Schweren Schrittes ging es nach dem Dessert, welches aus frischen Früchten bestand, nach oben in mein Zimmer und kuschelte mich wieder in mein Bett ein. Ich machte wieder einen Film auf YouTube an und fiel kurz danach wieder in den Schlaf. So viel Energie tanken wie es nur geht. Wenn das Wetter so weiter geht. Brauchte ich diese auch.

Am heutigen Kartenöffnungstag wartete das Lied auf mich ?

Eine Antwort auf „Tag 88: Eine günstige Mitfahrgelegenheit“

  1. Sicher wird das Wetter in absehbarer Zeit noch ruppiger und in den Pyrenäen erwartet Dich unter Umständen Schnee. Mir scheint, dass
    schon wärmere Kleidung notwendig wird.
    Wie gestaltest Du den “Kleidungsnachschub”? Du kannst ja nicht alles mitschleppen. Bisher war mir diese Problematik noch gar nicht in den Sinn gekommen.
    Die kommenden Berichte geben sicher Aufschluss.
    Ich wünsche Dir noch einige sonnig-warme Pilgertage.

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